Die charakterstarke Marke als Basis für ein beziehungsstarkes digitales Recruiting

Im Gespräch mit Dr. Christian Hüttich, Experte für digitales Recruiting (www.christianhuettich.com)
Effektives Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangels braucht die Kraft der Arbeitgebermarke und einen menschlich-nahbaren Bezug zu den Bewerbergruppen. Nur so gelingt es Unternehmen und Organisationen, einen charakterstarken Unterschied zu machen und den Wettbewerb um die wenigen Bewerber für sich zu entscheiden. Nur so kann letztlich die Zukunftsfähigkeit gesichert werden, denn die beteiligten Menschen sind das wesentliche Kapital eines Unternehmens. Seit einigen Jahren kooperiere ich sehr erfolgreich mit Dr. Christian Hüttich und seiner Digitalagentur, um Arbeitgebermarken über innovativ-digitale Ansätze den Bewerbergruppen zugänglich zu machen. Über die höchst effektive Schnittstelle zwischen Branding und digitalem Recruiting habe ich ein Gespräch mit ihm geführt.

Wie bist Du persönlich zum digitalen Recruiting gekommen?

Schon während meiner ehemaligen Tätigkeit an der Universität habe ich gemerkt, dass es ein langwieriger Prozess ist, eine Professorenstelle wieder zu besetzen. Dabei kam mir der Gedanke, dass es in unserer Gesellschaft gerade eine Schere gibt – einerseits die Verwaltung, die sehr langsam ist und zum anderen eine super-turbo-schnelle Technikwelt, die wir im Alltag mit Handy und Co erleben. Mit meinem Bruder zusammen habe ich dann beschlossen, da mal frischen Wind reinbringen. Im Sportbereich hatten wir damals sowieso schon Online-Marketing gemacht und dann kam uns die Idee, mit Online-Marketing Bewerbungsprozesse so zu gestalten, dass sie einfach auf dem Handy funktionieren und über einen Art Trichter verfügen, der die Aufmerksamkeit steigert. Es geht darum, die Hürden zu nehmen, die Sichtbarkeit zu steigern und den Zeitfaktor für uns zu nutzen, um die mitunter sehr lahmen verwaltungstechnischen Prozess im HR-Bereich zu optimieren.

Was fasziniert Dich an digitalem Recruiting?

Mich fasziniert, dass ich eine Tätigkeit gefunden habe, die mich erfüllt. Und genau darum geht es doch auch beim Recruiting. Wenn Arbeitgeber die richtigen Signale raussenden, dann kommen auch Leute, die zu den Signalen passen. Und es funktioniert auch in einem Markt, in dem es mehr Jobs gibt als Mitarbeitende. Es geht um den perfekten Match zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden. Hierzu braucht es im HR-Bereich aber einen Mindshift. Es gilt, den Blick zu weiten und entwicklungsfähig zu sein. All diese mitunter noch verborgenen Innovationspotenziale zu heben und Innovation vor allem im Menschen zu sehen – das fasziniert mich an meiner Tätigkeit.

Ihr stellt in Euren Recruiting-Prozessen die Menschen in den Fokus. Wie gelingt es aus deiner Sicht, menschlich geprägte Charaktermarken möglichst authentisch über Social Media zu transportieren?

Wir präsentieren den Job, die Firma, die Arbeitgebermarke so, dass wir mit dem Bewerbungsprozess auf die Menschen zugehen. Letzten Endes geht es immer um Wertschätzung von Mensch zu Mensch und nicht ausschließlich um ein System oder eine Firma.
Die Technik, die wir bieten, ist ergänzend dazu eine Wertschöpfung. Dabei bieten wir einen sehr smarten, einfachen und auch angenehmen Weg als ersten Eindruck – einen ersten Einblick in ein Unternehmen, im besten Fall über Menschen, also Personenmarken, die für das Unternehmen stehen. Dieser Botschafter kann ein Video machen und erzählen, was ihm im Job wichtig. Wir wiederum können dann relativ stark visuell und textlich zu den Zielgruppen hin kommunizieren und können mit solchen Videoclips einen direkten Weg von der Online-Welt in die richtige Welt aufbauen. Dabei lassen wir all die nervigen Dinge weg und fokussieren uns auf die wirkliche Zusammenarbeit. Ich brauche heute auch nicht mehr diese alten Sachen wie ein Anschreiben und teilweise brauche ich im ersten Step auch noch keinen Lebenslauf, Was ich brauche, ist ein persönliches Gespräch, womit die Journey bei einem Bewerber beginnt. Es startet mit einem wertschätzenden Telefonat. Da meldet sich nicht irgendein Headhunter, sondern ein Mensch, der sich wirklich erstmal für die sich bewerbende Person interessiert, die sich online registriert hat.

Es entsteht Resonanz zwischen dem Unternehmen und dem Bewerbenden. Erzähle uns von diesem Geheimnis.

Resonanz ist für mich ein Grundthema. Ich habe mich auch mit Musik, Geophysik und naturwissenschaftlichen Themen beschäftigt und da kommt dieses Resonanzprinzip als Naturgesetz zur Geltung, was ich auf den Recruitingprozess übertragen kann. Kommunikation ist immer auch Energie, die eine Kraft ausstrahlt. Je nachdem, wie sie aufgeladen ist, kommt etwas ins Schwingen und im besten Fall auch das zurück, was ich als Unternehmen beabsichtige.

Hat digitales Recruiting Vorzüge gegenüber der eher herkömmlich-analogen Kommunikation?

Man kann beides eigentlich nicht so richtig miteinander vergleichen. Aus meiner Sicht hat Social Media aber den Vorteil, viel stärker in Beziehung zu den wirklichen Bedürfnissen der Bewerber zu gehen und Vertrauen aufzubauen. Bewerber können viel ganzheitlicher warm werden mit einem Arbeitgeber, können sich tiefer informieren. Über digitale Kampagnen werden sie ein- bis zweimal täglich auf ihrem Handy angesprochen. Und das macht mit den Bewerbern etwas, die zur Kultur des Unternehmens passen uns sich jobmäßig orientieren.
Vorteil eines digitalen Recruiting-Prozesses ist, dass alles in einem System implementiert ist und man Prozesse automatisieren kann. Informationen werden zielgerichtet verdichtet.

Was sind für Dich die wesentlichen Faktoren, um passgenau die richtigen Bewerbenden zu erreichen, die das Unternehmen wirklich braucht?

Über die Jobbeschreibung sind die fachlichen Kompetenzen gut zu kommunizieren. Darüber hinaus sollten aber unbedingt auch die persönlich-menschlichen Aspekte über Text-, Bild- oder Video-Formate transportiert werden. Dabei muss man spezifisch auf die Zielgruppe eingehen. Wenn Du als Unternehmen weißt, wie Azubis ticken, dann kannst Du Dich viel besser in diese Zielgruppe hineinversetzen, sie ansteuern und wirklich auch auf ihre Bedürfnisse eingehen. Im Prinzip sollte man erstmal in sein Unternehmen reinschauen, was die Leute so den ganzen Tag machen, wo sie unterwegs sind und worüber sie reden. Im besten Fall gelingt es, Mitarbeitende als Protagonisten für eine Social Media Kampagne und für die Videoproduktion zu gewinnen. Das kann meiner Erfahrung nach durchaus die Kultur im Unternehmen aufpeppen.

Digitales Recruiting ist in Zeiten des Fachkräftemangels kein Allheilmittel und greift auch noch von heute auf morgen. Es braucht zuerst eine stimmige Haltung oder einen Mindshift, den Du erwähnt hast. Kannst Du beschreiben, wann Kampagnen in der Wirklichkeit greifen und dann auch die Kraft haben, wirklich Impact zu erreichen und die Marke zu stärken?

Erstmal muss man natürlich den ganzen Prozess aufbauen. Das ist in zwei bis drei Wochen machbar – die Kampagne, die Creatives, die Texte, der Chatbot und so weiter. Vorgeschaltet sollte man das Employer Branding auf eine solide Basis stellen. Dann tun wir uns mit dem Prozess einfacher.
Danach startet man mit dem Recruiting – abhängig vom Markt, von der Geografie und den Jobprofilen. Wo erreiche ich möglichst viele Menschen, die zum gesuchten Profil passen? Wenn ich sehr spezifische Jobfelder wie Heilerziehungspfleger oder Erzieher habe, dann existiert hier eine ganz schmale Range. Hier braucht es Durchhaltevermögen, um passgenau an die Zielgruppen ranzukommen. Wenn die Profile einfacher sind funktioniert das relativ fix. Dann habe ich da auch schnell Erfolge.
Hilfreich ist es, das digitale Recruiting immer mit begleitenden Maßnahmen zu unterfüttern – etwa im Bereich des organischen Social Media Contents. Hier hilft ein Redaktionsplan, um auch die Anzahl der Follower auf den Social Channels zu erhöhen. Wenn du dann in Zukunft wieder mal beispielsweise Azubis suchst, kannst Du genau darauf aufbauen. Die Wahrnehmung der Marke ist dann bereits präsenter.

Wo geht aus deiner Sicht die Entwicklung im Recruiting hin und was wird gerade für Markenmacher in Zukunft spannender sein als je zuvor?

Die geburtenstarken Jahrgänge verlassen momentan den Arbeitsmarkt und es kommt weniger nach. Das wird uns in den nächsten zehn Jahren noch heftiger treffen, bis es sich anschließend wieder normalisiert. Als Arbeitgeber sollte man sich da richtig gut im Netz präsentieren. Im Prinzip wird die Karriere-Seite wichtiger als die Produktseite. Diese sollte leicht zugänglich und richtig persönlich gestaltet sein. Man darf sich hier nicht mehr hinter dem Logo verstecken. News sollten sich nicht nur ums Produkt drehen, sondern um die Firma und die Menschen. Bor allem sind die Zielgruppen viel stärker mit einzubeziehen. Das ist sozusagen ein ganzheitlicher 360-Grad-Ansatz im Marketing. Alles, was auf Produkte angewendet wird, wird jetzt auch auf die Gewinnung von Mitarbeitenden angewendet.
Darüber hinaus sollten Medienbrüche maximal vermieden werden. Social Recruiting ermöglicht es gerade, sich nicht separat per Email, sondern direkt im Chatverlauf bewerben zu können. Jegliche Hürden bergen immer das Risiko, Bewerber zu verlieren. Sie sind unter Umständen eben nicht mehr bereit, sich an den Rechner setzen, ein bis zwei Stunden die Bewerbungsunterlagen anzupassen und noch eine Mail zu schreiben.
Auch die Unternehmenswerte sollten klar herausgearbeitet sein und mit Leben gefüllt werden, indem sie auch mal ein Gesicht bekommen. Die Bewerber überprüfen letztlich, ob ein Unternehmen authentisch rüberkommt. Werden die Werte nur auf der Webseite genannt oder auch tatsächlich gelebt? Es wird nach einfachen Beweisen gesucht – auf Social Media und im Netz. Es ist daher immer wichtig, das Recruiting mit der Marke zu verbinden und wie schon erwähnt Resonanz zu erzeugen.
Wir haben in einer übertechnologisierte Welt ein Überangebot an Möglichkeiten und die Bewerber suchen sich automatisch eine Tätigkeit, die sie erfüllt, in ihrem Menschsein befriedigt und im besten Fall auch einen Mehrwert für die Gesellschaft hat.

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